Grafikdesign
In Berlin steht an der Grenze von Kreuzberg zu Friedrichshain ein altes Elektrizitätswerk. Ein weltweiter Magnet für Menschen, die von der Gesellschaft als Exoten betitelt werden. Ein Universum, in dem die Grenzen der Norm verschoben werden. Eine düstere Betonhalle erfüllt von Zigarettenrauch und dem Geruch von gewaltsamem Sex, blutig und schrill, gefährlich und abstoßend. Ein Stigma.
Zu meinen Besuchen in der Metropole, die sich das Freisein auf ihre Fahnen schreibt, gehört ein sonntag morgendlicher Besuch im berühmtesten Club der Welt unabdingbar dazu, denn für mich tanzt es sich zu treibenden Techno Beats am besten nach einer guten Tasse Kaffee. Zu Mainstream für den wahren Underground, zu Underground für den wahren Mainstream. Die Sagen um sadomasochistische homosexuelle Orgien in Darkrooms des Untergeschosses befeuern eine Atmosphäre voller Lack und Leder, nackter Haut, harter Drogen und dunkler Bässe.
Doch wer nur offenen Herzens in dieses Paralleluniversum eintaucht versteht schnell, dass das Stigma wie so oft von außen kommt, nicht von innen. Die tanzenden Menschen sind so divers wie die Menschheit selbst, die Luft elektrisiert und die Gesichter freundlich. Die Stimmung ist ausgelassen, der Durchschnitt nicht zu ermitteln. Einfach eine Feier ohne großen Sinn. Während ich mich von treibenden Beats und der magischen Morgensonne, die durch die Buntglasfenster fällt, wecken lasse, spüre ich, worum es wirklich geht: Freiheit. Hier darf jeder einfach nur er selbst sein.
Malerei
Aus einem kleinen Dorf ziemlich weit im Norden von Schleswig Holstein stammend, sagte mir der Begriff „Berghain“ erstmal gar nichts. Gespannt hörte ich also zu, wie Nadine mir mit leuchtenden Augen von der magischen Atmosphäre des Berliner Techno-Clubs erzählte. Was für ein verrückter Ort das sein muss. Ich bin mir sicher, dass man dort gewesen sein muss, um ihn zu verstehen. Nadines Grafik lässt Interpretationen offen. Sind wir gerade auf dem Weg in den Club während der Mond hoch am Himmel steht oder verlassen wir das Berghain im Morgengrauen, während die ersten Lichtstrahlen der aufgehenden Sonne die Straße fluten?
Ohne mir vorher ein Konzept zu überlegen, habe ich intuitiv auf der Leinwand gemalt. Intuitives Malen kostet viel Überwindung. Man gibt die gesamte Kontrolle ab, bringt genau das auf die Leinwand, was sich in diesem Moment richtig anfühlt. Für dieses Bild war Nadines malerische Ergänzung wichtig, da das Kunstwerk nur dadurch zu dem geworden ist, was man nun sieht: Eine kontrastreiche Darstellung. Schillernd, düster, magisch, derbe. Der Versuch, das einzufangen, was diesen Ort so faszinierend macht.